In unserer Gesellschaft wird romantische Partnerschaft oft als höchster Ausdruck von Nähe und Verbindlichkeit angesehen. Doch nicht jede*r lebt in einer klassischen Paarbeziehung – sei es aus freien Stücken, nach einer Trennung oder in Lebensphasen, in denen andere Dinge im Vordergrund stehen. In solchen Situationen können Freundschaften eine wichtige Rolle übernehmen: Sie werden zum „Beziehungsersatz“.
Dabei steckt in dem Begriff nichts Abwertendes. Vielmehr zeigt er, wie tief Freundschaften sein können. Gute Freund*innen bieten emotionale Unterstützung, Verlässlichkeit, gemeinsame Erlebnisse und manchmal auch das Gefühl von Heimat. Sie können Sicherheit geben, Einsamkeit lindern und den Alltag bereichern – Qualitäten, die wir oft automatisch einer Liebesbeziehung zuschreiben.
Allerdings gibt es auch Grenzen. Freundschaften haben meist andere Strukturen und Erwartungen als Partnerschaften: weniger Exklusivität, keine alltägliche gemeinsame Verantwortung (wie Wohnen, Finanzen oder Familienplanung). Wer Freundschaft als Ersatz für eine Partnerschaft erlebt, kann deshalb sowohl profitieren – von Freiheit und Vielfalt – als auch an Grenzen stoßen, wenn Bedürfnisse nach Intimität oder Verbindlichkeit nicht erfüllt werden.
Vielleicht lohnt es sich, den Gedanken umzudrehen: Muss Freundschaft wirklich „Ersatz“ sein? Oder könnte man sie als gleichwertige Form von Nähe anerkennen – nicht weniger bedeutsam, sondern einfach anders? Wer so denkt, entdeckt in Freundschaften nicht nur eine Übergangslösung, sondern eine tragende Säule des eigenen Lebens.